LIGNAs Music Box
Heute 20:00-22:00
LIGNAs Music Box
Heute 20:00-22:00
39 Grad im Schatten, höchste Zeit für die Music Box der Stadt und der Hitze zu entfliehen, allerdings nicht ohne einen Stellvertreter für die anstehende Sommerpause zu hinterlassen: Eine Musikschleife, die aus allen Stücken zusammengestellt wird, die heute in der Sendung eingespielt werden. Live, über das Telefon, mithilfe eurer Plattensammlungen, in denen sich hoffentlich jeweils ein wunderschönes, euphorisches, trauriges oder obskures Musikstück über den Sommer, die Hitze, das Meer und alle Dinge, die sich damit assoziieren lassen, findet. Über unsere Studionummer 432 500 46 lassen sich diese einspielen, wir werden sie aufnehmen und in einer oder mehreren der darauffolgenden Sendungen wieder für alle Daheimgebliebebenen abspielen, während die Moderatoren in weiter Ferne unter großen Schatten an fremden Gestaden weilen und sich erst im September wieder im Studio einfinden müssen.
Per aspera ad astra und wieder zurück – sternhagelvoll Sternchen sehen, und, wenn die Sterne wieder günstig stehen, den Blick zum Himmel richten: Auf Fixsterne und fliegende Schnuppen, auf große Bären und kleine Wagen. Sternchen gibt es viele, Stars schon weniger und ihr könnt sie alle zum Klingen bringen. Ob „Etoiles Electroniques“, Musik vom anderen Stern oder aus den Sternstunden eures Lebens: Einfach ein Stück aussuchen, die Telefonnummer 432 500 46 wählen, Telefonhörer an den Lautsprecher halten und abspielen. Und auch wenn die Beatles sangen „Bright are the stars that shine, dark is the sky“ – bei uns werden eure Sterne schon am helllichten Tag funkeln, von 17 bis 19 Uhr.
Immer wieder wird der Wunsch an die Music Box herangetragen, dem (Vor-)Spielen von Musik doch bitte mehr Raum in der Sendung zu geben (und dafür – ach, auch wenn es schwer fällt – die Moderation ein wenig einzuschränken). Nun sei es also geschworen (hoch und heilig!): Wir wollen dem heute nachgeben und fragen daher nach der schönsten, der ergreifensten, der kompliziertesten, der atonalsten, der brillierendsten, der quälendsten, der einschläferndsten, der wehmütigsten, der lilien- und rosengleichsten, der geheimnisvollsten, der unverständlichsten, der traurigsten, der überwältigendsten, der unhörbarsten, der traumhaftesten, der großartigsten Musik der Welt, kurz gesagt der Musik, die beim ersten und/oder beim hundersten Hören immer (noch) einen unfasslich bewegenden Eindruck hinterlässt, dem nur ein Kniefall gerecht werden kann. Dies mag ein einzelnes Stück sein oder ein Ausschnitt aus einer Platte, für die eines dieser Kriterien gilt. Hauptsache Musik, die sich unter der Studionummer 432 500 46 telefonisch einspielen lässt. Wir werden uns derweil unerlässlich auf die Zunge beißen und versuchen, emphatische Kommentare, Nachfragen und Moderation nicht länger als 30 Minuten pro Anruf dauern zu lassen (Verzeihung: es sollte natürlich 3 Minuten heißen), eine Stoppuhr wird uns unermüdlich daran erinnern.
Sie mag manchmal salzig oder süß sein, hauchdünn oder so ledern wie die eines Elefanten, oder – wenn auch eher selten – „an sich höchst zart, fein, durchsichtig, wahrscheinlich selbst nur aus einem zusammenhängenden Dunste bestehend, wie die der Seifenblasen“ (so Gustav Theodor Fechner in „Vergleichende Anatomie der Engel“). Sie wird an und ab zu Markte getragen oder lädt dazu ein, die eigene zu verlassen und in eine andere zu schlüpfen. Dabei verrät sie mehr als ihrem Träger manchmal lieb ist, auch wenn sie sein Innerstes eigentlich verdecken soll. Jedoch scheinbar eine rundum verschlossene Hülle ist sie doch durchdringlich für vielerlei (gewollte und ungewollte) Einflüsse, der Außenwelt, ebenso wie der Innenwelt. Auf alle Fälle trägt sie die Spuren der Zeit – ist sie jung, häufig die der Unreife (und damit einhergehender „Unreinheit“ wie der gefürchteten Akne), ist sie alt, die Spuren der zunehmenden „Verwesung“ des Körpers, beides zumindest in der gängigen Werbung ungewollt und daher mithilfe von Weichzeichnern und Bildbearbeitungsprogrammen wieder unsichtbar gemacht. So darf auch eine Popikone wie Madonna auf überlebensgroßen Plakaten der Modeindustrie auf keinen Fall wie Ü40 aussehen, sondern muss der Konsumentengruppe zugehörig erscheinen (und ihr Äußeres entsprechend verjüngt werden). Aber nicht nur die Haut, auch Fleisch und Knochen, die unter ihr liegen, ebenso wie Tätowierungen, Piercing und andere Verzierungen und Gestaltungen ihrer sollen Themen der heutigen Sendung sein (angefangen vielleicht mit der unumgänglichen Vertreibung aus dem Paradies, dem Urmoment ihrer beginnenden Verdeckung). Die Moderatoren werden trotz ihres Gedenkens an paradiesische Zeiten nicht nackt im Studio sitzen, wenn sie mit Haut und Haar darauf warten, dass das Telefon unter der Rufnummer 432 500 46 musikalische Einspielungen aller Art entgegenimmt.
Hamburg, den 31. März 2007
Sehr geehrte Hörerinnen und Hörer,
wir möchten Ihnen hiermit ganz förmlich mitteilen, dass wir heute musikalische Post zum Thema „Post“ erwarten. Es ist ganz unerheblich, ob es in den Beiträgen um Standardbriefe (L: 140–235 mm, B: 90–125 mm, H: bis 5 mm), Maxibriefe (100–353 mm, 70–250 mm, bis 50 mm), offene Briefe, Postkarten, Pakete, E-Mails, SMS oder (Stop) möglicherweise (Stop) auch (Stop) um (Stop) Telegramme (Stop) geht (Stop) – wenn Sie es wünschen, können Sie sogar Lieder über die einst bei den Babyloniern üblichen Tontafeln mit eingeritzter Botschaft einspielen. Wichtig ist nur, dass die Musik wie üblich TELEFONISCH übermittelt wird: 432 500 46 wählen, den Telefonhörer vor die Box halten, und dann geht – ähem, Pardon, kleiner Scherz – die Post ab.
Mit freundlichen Grüßen,
Lignas Music Box
Warum man immer nach ihr greifen mag, um sich einen Weg zu bahnen, einer bedrohlichen Situation symbolisch Herr zu werden, um nur mit ihr zu spielen oder sie im sportiven Wettkampf einzusetzen oder schlussendlich die Welt zu vernichten oder zu retten, eigentlich gilt: „The perfect world is without arms and a vegetarian one.“ (so Chris Martin von Coldplay). Nichtsdestotrotz ist die Anzahl ihrer Gestalten und Anwendungen Legion, auch wenn sie im hiesigen Alltag nur selten sichtbar wird – allgegenwärtig dagegen bei den sogenannten Vertretern des Gesetzes, auf den Covern von Groschenheften, im Kino oder (und dort natürlich unverzichtbar) im Egoshooter-Spiel. Als Mittel verstanden, um andere Lebewesen handlungsunfähig zu machen, zu verletzen oder zu töten, reicht ihre Form vom einfachen Messer (notfalls eben auch dem, dafür aber nicht vorgesehenen Küchenmesser) bis zu Schusswaffen jeder Größe und Art und solchen chemischer, biologischer oder atomarer Natur. An dem Für und Wider ihrer Thematisierung lässt sich das ethische Dilemma (z.B.: „Nicht die Waffe tötet, sondern der Mensch“) ebenso wie ihre signifikante Funktion für historische Siege und Niederlagen ablesen, auch wenn man Aussagen wie „Wer glaubt, ein Füller sei mächtiger als ein Schwert, der hat noch nie ein Maschinengewehr erlebt“ (so der hochdekorierte, aber seltsam widersprüchliche General Douglas MacArthur) aus gutem Grunde ablehnen mag. Aber genug der Ausführungen, alle Erwähnungen von Waffen in der Musik, musikalische und akustische Waffen etc. können heute unter der Telefonnummer 432 500 46 wie gewohnt eingespielt werden, dann kann das Thema auch ausführlichst diskutiert werden. Von exzessiven Formen des Waffenfetischismus, bewaffneten Aufständen und Geiselnahme der Moderatoren bitten wir allerdings vorübergehend abzusehen, auch wenn immer und ewig gilt: „Je mehr scharfe Waffen im Volk, umso wirrer der Staat“ (Laotse).
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