Samstag, 11.7. Lignas Music Box: Mond

Ein alter Babylonischer Mythos erzählt: Es gab Zeiten, da herrschte, sobald die Sonne verschwunden war, tiefste Nacht auf Erden. Nur die Sterne leuchteten von ferne auf die Menschen hinab, die nicht einmal die eigene Hand vor Augen erkennen konnten, geschweige denn die Wände ihrer Häuser, gegen die sie bei Dunkelheit pausenlos liefen. „Diesem Zustand muss ein Ende gesetzt werden!“ rief König Hammurabi und bestellte die besten Chöre und Musiker des Landes zu sich, auf dass sie den dunklen Himmel zum Beben und zum Bersten brachten. Den Nachthimmel nämlich stellten sich die babylonischen Astronomen als eine dicke schwarze Schale vor, die sich allabendlich von oben nach unten über das Firmament schob, bis sie die Sonne ganz verdrängte. Drei Nächte hindurch gaben die Musiker ihr Bestes: Aus allen schriftkundigen Kulturen sind Zeugnisse bekannt, die von einem gewaltigen Singen und Tönen erzählen, das aus Richtung Babylon über die Menschen kam und viele von ihnen Ertauben ließ. In der dritten Nacht schließlich, als die Babylonier bereits alle Hoffnungen fahren lassen wollten, stimmten auch die Hunde und Wölfe mit in den Gesang ein - und siehe da: Ein himmlisches Grollen übertönte den irdischen Gesang und mit einem Mal wurde ein zitternder, heller Ring hoch oben im Dunkel der Nacht sichtbar. Nur Sekunden später machte es Plopp, als hätte jemand den Korken aus einer Flasche gezogen und ein hübscher, wenn auch nicht allzu großer und zum Leidwesen der Babylonier auch nicht allzu heller Kreis war am Himmel erschienen. Dann war wieder Ruhe. Doch gerade, als der König dabei war, sich mit einer Rede an sein Volk zu wenden - „Das ist zwar nicht, was wir uns gewünscht haben, aber besser als nichts – was haltet Ihr davon, wenn wir dieses kaum hilfreiche Loch im Himmel in Ermangelung eines besseres Begriffes Mond nennen?“ - und die Musiker nach Hause schicken wollte, fiel ihm etwas auf den Kopf: eine ungefähr pastatellergroße, kreisrunde schwarze Scheibe, nur halb so dick wie ein kleiner Finger, leicht wie eine Wachtel und dennoch fest und unzerbrechlich wie ein Speer. „Ein Stück von der Himmelsschale“ riefen die Babylonier und feierten bis in den frühen Morgen. Als nun die Sonne hervorkam, schauten sie sich die Scheibe noch einmal genauer an und entdeckten, dass sie auf beiden Seiten über und über mit unvorstellbar feinen Rillen überzogen war – nein, sogar mit nur einer Rille pro Seite, die sich spiralfömig vom Rand bis fast zur Mitte zog und in der die Scheibe ein kleines Loch aufwies. „Das muss die Schrift der Götter sein“ riefen die Gelehrten, verzweifelten aber bald an deren Entzifferung und hatten irgendwann keine Lust mehr. So endete die geheimnisvolle schwarze Scheibe als Untersetzer für eine Blumenvase in der Grabkammer von König Hammurabi und dort läge sie wahrscheinlich noch heute, wäre das Grab nicht Ende des 19. Jahrhunderts von Archäologen entdeckt worden. Der Blumenuntersetzer gelangte auf verschlungenen Pfaden an den Erfinder Emil Berliner, der eine eigenartige Obsession pflegte: Er hatte sich in den Kopf gesetzt, den Walzenphonographen, den Thomas Alva Edison einige Jahre zuvor erfunden hatte, umzubauen und zu verbessern. Eines Nachts nun setzte er spaßeshalber den von Edison gebauten Tonabnehmer auf die geheimnisvolle runde Scheibe, drehte sie ein wenig – und siehe da: wunderschöner, voller Gesang erklang. Die Schallplatte war entdeckt, fast 4000 Jahre, nachdem sie auf die Erde gefallen war und den Mond hervorgebracht hatte. Emil Berliner wurde zum ersten Schallplattenproduzenten und seitdem gehört es unter Musikanten zu den vornehmsten Übungen, Lieder über den Mond zu verfassen und sie auf kreisrunde Tonträger pressen zu lassen. Heute wollen wir sie alle hören! Ruft an unter 432 500 46 und spielt Eure schönste Mond- und Weltraummusik! Spielt sie laut, so laut, dass der Abendhimmel über der Stadt drei Stunden lang ins Beben gerät!

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