Überlassen wir ausnahmsweise Heidegger das Schreiben der Ankündigung, in eingeschränkter Bewunderung des Apodiktischen und auch immer recht Erratischen seiner Ausführungen, die aber schon einmal grob das Thema skizzieren. Aus seinen Vorlesungen bemühen wir also:
„Der Mensch selbst „handelt“ durch die Hand; denn die Hand ist in einem mit dem Wort die Wesensauszeichnung des Menschen. Nur das Seiende, das wie der Mensch das Wort (μῦθος) (λόγος) „hat“, kann auch und muß „die Hand“ „haben“. Durch die Hand geschieht zumal das Gebet und der Mord, der Gruß und der Dank, der Schwur und der Wink, aber auch das „Werk“ der Hand, das „Handwerk“ und das Gerät. Der Handschlag gründet den bündigen Bund. Die Hand löst aus das „Werk“ der Verwüstung. Die Hand west nur als Hand, wo Entbergung und Verbergung ist. Kein Tier hat eine Hand, und niemals entsteht aus einer Pfote oder einer Klaue oder einer Kralle eine Hand. Auch die verzweifelte Hand ist niemals und sie am wenigsten eine „Kralle“, mit der sich der Mensch „verkrallt“. Nur aus dem Wort und mit dem Wort ist die Hand entsprungen. Der Mensch „hat“ nicht Hände, sondern die Hand hat das Wesen des Menschen inne, weil das Wort als der Wesensbereich der Hand der Wesensgrund des Menschen ist.“
Ob man dem vollständig zustimmen möchte, ist anzuzweifeln. Aber nichtsdestotrotz wollen wir uns mit der Hand und ihren Werken beschäftigen und sprechen:
Von dem Anlegen der Hand, handgeschriebenen Briefen oder dem mit der Maschine Getippten und Diktierten, der Handschrift und dem (daraus abzuleitenden unverwechselbaren) Charakter (hingegen: „In der Maschinenschrift sehen alle Menschen gleich aus“), dem Handgeld, dem Waschen der einen Hand mit der anderen, vier Fäusten und ein Hallelujah (passend: „eine hand voll finger auf die nasen zu werfen“) , King Kongs mechanischer Hand, Adam Smiths Theorie der Unsichtbaren Hand, von der Hand in den Mund, dem auf und unter der Hand Liegenden, der Hand Gottes und der des Schicksals, vielleicht auch vom langen Arm des Gesetzes, oder noch besser: „herren hand geht durchs ganze land, grosze herren haben lange hände“, und nicht zu vergessen der Hand in der Musik, ohne die diese gar nicht denkbar wäre (welches mag das erste Instrument in der Menschheitsgeschichte gewesen sein und war dieses für die Hand oder für den Mund?).
Während also Musik von und über Hände erklingt, lesen wir in händisch verfassten Büchern, was es mit der Hand auf sich hat. So entwirft Jean-Paul Sartre in „Der Ekel“ eine wirklich unheimliche Situation, die aber sofort zu einem eigenen Handnachspiel einlädt:
„Ich sehe meine Hand, die auf dem Tische liegt. Sie lebt – sie ist ich. Sie öffnet sich, die Finger spreizen sich, sie liegt auf dem Rücken, zeigt mir ihren fetten Bauch. Sie sieht aus wie ein umgeworfenes Tier, die Finger sind seine Beine. Es macht mir Freude, sie sehr schnell zu bewegen wie die Beine eines Krebses, der auf den Rücken gefallen ist. Der Krebs ist tot, die Beine krümmen, schließen sich über dem Bauch meiner Hand. Ich sehe die Nägel – das einzige an mir, das nicht lebt. Meine Hand dreht sich um, liegt platten Bauches auf dem Tisch, zeigt mir ihren Rücken. Ein Silberrücken, ein wenig glänzend, beinahe ein Fisch, wären nicht die roten Härchen an den Ansätzen der Glieder. Ich fühle meine Hand. Diese beiden Tiere, die sich da am Ende meiner Arme berühren – das bin ich.“
Wir schütteln die grauenhafte Vorstellung des Animalischen und Teilautonomen einzelner Körperteile ab, und verweisen auf das Studiotelefon, welches unter der Nummer 432 500 46 eigene Beschreibungen, wunderbare Thesen und musikalische Einspielungen über Hände entgegennimmt. Schließlich gilt, nicht mit leeren Händen zu kommen oder zu gehen.
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