Hafenvokü, 8. Juni 2023: ... "es wurde kein Einsatzleiter benannt oder ein Durchsuchungsbeschluss vorgelegt" ...

Wir dokumentieren das Erleben von Beroffenen des Einbruchs in die HafenVoKü vom vergangenen Donnerstag Abend:
"Hafenvokü, 8. Juni 2023
Die Hafenvokü ist ein Ort, an dem wir regelmäßig für andere kochen – für Bewohner:innen der Hafenstraße und andere Anwohner:innen, für Menschen, die gern in kollektiven Zusammenhängen gemeinsam essen, für Menschen mit oder ohne festen Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis und für Menschen, die sich ansonsten kein Essen im Restaurant leisten können.
Am Abend des 8. Juni haben wir mit einer Gruppe von mehreren Personen für etwa 40 Besucher:innen Essen geplant, gekocht und ausgegeben, ein dreigängiges veganes Menü mit Salat, einer Hauptspeise und Dessert. Es war einer der ersten warmen Abende in Hamburg, wir haben auch vor der Tür Plätze gedeckt und mit Kerzen dekoriert.
Polizeipräsenz ist rund um die Hafenvokü allgegenwärtig, fast rund um die Uhr patrouillieren Polizeistreifen um die Hafenrandstraße und die Balduintreppe, übertreten dabei regelmäßig die Grenzen von Privatgrundstücken, führen als „Taskforce Drogen“ willkürlich Kontrollen Schwarzer Menschen in St. Pauli durch und praktizieren so weiterhin das verbotene „Racial Profiling“.
Zwischen 20 und 21 Uhr am 8. Juni patrouillierten wie sehr häufig mehrere zivile und uniformierte Polizeibeamte in der Nähe des Eingangs der Vokü und blockierten auf dem Gehweg den Durchgang. Eine ältere Dame, die sichtlich Schwierigkeiten beim Gehen hatte, musste einen recht steilen Hang hinuntergehen, da ein Polizist nicht zur Seite ging, um sie passieren zu lassen. Plötzlich versuchten mehrere Polizisten ohne erkennbaren Anlass oder Angabe von Gründen, als geschlossene Formation in die Räume der Vokü einzudringen. Als jemand die Tür von innen zuklappte, blieben sie im Hauseingang stehen, bollerten gegen die Tür, schubsten Anwohner:innen und Besucher:innen zur Seite und zogen sich dann vorerst wieder zurück. Während dieser Aktion saßen Vokü-Besucher;innen an den draußen gedeckten Tischen vor der Vokü.
Etwa eine Stunde später, als die Vokü beendet war und die Organisator:innen der Vokü den Raum gerade zuschließen wollten, kam die Polizei wieder, mit deutlich mehr Beamten, etwa dreißig, darunter auch mit medizinischen Masken maskierte Zivilbeamte. Sie versuchten erneut, ohne Angabe von Gründen ins Haus einzudringen, es wurde kein Einsatzleiter benannt oder ein Durchsuchungsbeschluss vorgelegt. Ein Anwohner wurde von der Polizei von vor der Tür weggerissen, vier Stufen hinuntergeschleift, er wurde von mindestens vier Beamten auf den Boden gedrückt, ihm wurde ein Schlüssel weggenommen. Mehrmals hat er dabei gesagt, dass er keine Luft bekommt. Schließlich wurde er mit auf den Rücken gefesselten Händen gezwungen, aufzustehen, was sichtbar äußerst schmerzhaft war, und ohne dass ihm mitgeteilt wurde, warum, in Handschellen abgeführt. Er bat mehrfach darum, dass die Handschellen etwas lockerer gestellt werden, worauf von Seiten der Polizei nicht eingegangen wurde. Die Polizisten schmissen die vor der Hafenvokü gedeckten Tische samt Dekoration um. Anwohner:innen, die sich mittlerweile vor der Tür versammelt hatten und nach Einsatzgrund und Einsatzleiter fragten, wurden von Seiten der Polizei ausgelacht, ihnen wurde von der Polizei gesagt „Wir machen hier die Regeln“. Sie schubsten die Besucher:innen und Anwohner:innen zur Seite. Die Polizisten versuchten, mit dem Schlüssel, den sie dem Bewohner abgenommen hatten, die Tür zu öffnen, dies gelang ihnen jedoch nicht. Einer der Polizeibeamten versuchte mehrfach, mit seiner Schulter in die sich nicht öffnende Tür zu rammen. Als nächstes versuchte die Polizei mit einem Rammbock und Brecheisen, die Tür der Hafenvokü zu zerstören, jedoch trotz mehrfacher Versuche ohne Erfolg. Die Polizei hatte offenbar die Feuerwehr verständigt, die mit einem Transporter vorfuhr und weitere Brecheisen sowie eine Axt beisteuerte. Daraufhin stieg ein Polizeibeamter unter dauerndem „Uh, uh, uh, uh“-Stöhnen auf die an die Hauswand gelehnte Leiter und schlug mit der Axt ein Fenster ein, öffnete dann das Fenster per Fensterhebel und sprang nach bereits fast drei Stunden Einsatzzeit seit den ersten Versuchen, in die Vokü einzudringen, aufgebauscht wie bei einem Antiterroreinsatz unter bellenden „Go, go, go“-Rufen in den Raum. Etwa fünf seiner Kollegen folgten ihm über die Leiter, öffneten die Tür von innen und ließen etwa fünf weitere Polizisten in den Voküraum.
Dort zwangen sie die etwa fünf noch anwesenden Personen in der Vokü, die Hände hochzunehmen und sich auf den Boden zu legen. Ihre Personalien wurde wegen angeblichen Widerstands aufgenommen. Eine anwesende Person erlitt in dieser Situation aufgrund des martialischen Gewalteinsatzes der Polizei einen Schock, sie musste von Sanitätern versorgt und ins Krankenhaus gebracht werden. Die Polizisten schmissen Tische im Raum um. Nach wenigen Minuten in der Vokü verließen die Polizisten weit nach Mitternacht den Ort des Geschehens.
Martialisches Auftreten der Polizei, die offenbar meint, nicht an Gesetze gebunden zu sein, ist in den vergangenen Wochen vielfach medial berichtet worden, unter anderem von Sitzblockaden von Klimaschützer:innen sowie im Kessel von Leipzig, in dem Menschen ihre grundlegenden Rechte verwehrt wurden und Menschen von der Polizei absichtlich starke Schmerzen zugefügt wurden. Die Frage ist, wie lange sich diese Gesellschaft noch ein derartiges Gebaren der Polizei bieten lassen will. Wir fordern die Hamburger Politik auf, dem selbstherrlichen, rassistischen, willkürlichen und gewalttätigen Treiben der Polizei Hamburg rund um die Hafentreppe in Ende zu setzen. Wir haben sie zum Kotzen satt.
Kochkollektiv Peggys Kitchen"

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