Pressemitteilung
Hamburg, 28. Januar 2005
Zensur als Mittel zur Verteidigung der Pressefreiheit?
Hamburger Radioredakteur wird verurteilt, weil er ein Interview mit dem Pressesprecher der Polizei gesendet hatte
Am 18. und 19. Oktober 2003 führte Werner Pomrehn, Redakteur des Hamburger Freien Radios FSK, zwei Interviews mit Ralf Kunz, Pressesprecher der Polizei. Dabei ging es um das Verhalten von Polizeibeamten während einer Bambule-Demonstration. Pomrehn fragte Kunz nach den zahlreichen Festnahmen und vor allen Dingen nach zwei Menschen, die nach einer Konfrontation mit der Polizei schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert worden waren. Einer der beiden betroffenen hatte sogar Anzeige gegen die Polizeibeamten erstattet, in den offiziellen Verlautbarungen der Polizei war davon jedoch nichts zu hören. Da es deutliche Differenzen zwischen Augenzeugenberichten sowie internen und offiziellen Polizeiangaben gab, sendete FSK wenige Tage später Teile von den Gesprächen.
Mehr als vier Wochen später, am 25. November 2003, nahmen Polizei und Staatsanwaltschaft dies zum Anlass, um in den Studio- und Redaktionsräumen des FSK mit zwei Hundertschaften Polizei eine martialisch inszenierte Razzia durchzuführen. Im amtsrichterlichen Durchsuchungsbeschluss hieß es, die Gespräche seien nicht durch den Polizeipressesprecher autorisiert worden und damit bestünde nach Paragraph 201 STGB der Verdacht auf die "Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes."
Als die Beamten nach stundenlanger Inspektion der Redaktionsräume das Gesuchte nicht gefunden hatten, zog die staatsanwaltliche Razzia-Truppe in die Privatwohnung Pomrehns weiter - ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss, stattdessen mit der Begründung "Gefahr im Vollzug". In Pomrehns Privatwohnung fanden die Beamten die gesuchte Minidisc auch nicht. Sie beschlagnahmten eine andere:
Der Pressesprecher der Poliyei Ralf Kunz verdeutlichte während des Prozesses, dass im journalistischen Geschäft zwischen. Er unterscheidet zwischen öffentlichen Informationen und Hintegrundinformationen: "Im Gespräch mit Journalisten gibt es einen Mittelteil, der nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist, zum Beispiel operative Maßnahmen der Polizei, wie Zivilfahndung. Diese geben wir in manchen Fällen den Jpurnalisten, damit sie den Sachverhalt besser verstehen, sie sollen aber geheim bleiben."
Die Pressefreiheit der Polizei wird geschützt, i.e. damit vertrauliche Gespräche weiterhin möglich sind.
Allerdings, so gab Kunze selber zu, sind in dem Gespräche keine vertraulichen Informationen zur Sprache gekommen.
Auch der Richter stimmte zu, dass das Urteil nicht aufgrund von inhaltlichen Erwaegungen zur Sprache kommt, vielmehr haette der Pressesprecher der Polizei ein Persoenlichkeitsrecht, seine Stimme nicht unautorisiert in der Oeff zu hoeren, seine Stimme zu schuetzen.
Stattdessen erkannte der Richter an, dass es sich inhaltlich um Fragen von öffentlichem Interesse handelte. Man haette den Pressesprecher also ruhig zitieren koennen. Das Hauptproblem ist, dass er seine eigene Stimme nicht zur Veroeffentlichung zugeslassen hat.
Geschuetzt wird hier also die Darstellungsweise des Pressesprechers und die Selbstdarstellung der Polizei.
Bei missglückter Performance muss nachgebessert werden.
Dem FSK wurde ein Exempel statuiert.
80 Tagessätze. Das ist in jedem Fall ein extrem hohes Strafmaß. Vor einigen Wochen ist von diesem Gericht jemand wegen fahrlässiger Tötung zu 80 Tagessätzen verurteilt worden."
"Damit die Werner P., Redakteur des Hamburger Radiosenders FSK, ist heute zu 80 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt worden.
Vor knapp einem Jahr, am 25.11.2003, riegelten zwei Hundertschaften Polizei, Staatsanwaltschaft und Staatsschutz die Räume des Freien Sender Kombinats (FSK) einen Nachmittag lang von der Außenwelt ab. Ziel der Hausdurchsuchung war die Beschaffung eines Interviews, das vier Wochen zuvor mit dem Polizeipressesprecher geführt und im Programm von FSK gesendet worden war. Gegen diese unverhältnismäßige Maßnahme reichte das Hamburger Freie Radio zwei Klagen ein, um richterlich feststellen zu lassen: