Zum Beschluss: Brennpunkt Park Fiction – Sozial- und Ordnungspolitische Maßnahmen gegen Partylärm und offene Drogenszene usw.
Vielleicht haben es schon einige von euch mitbekommen: Unter dem verstörenden Titel „Brennpunkt Park Fiction - Sozial- und Ordnungspolitische Maßnahmen gegen Partylärm und offene Drogenszene“ haben die CDU und die Grünen im November einen Antrag in die Bezirksversammlung Altona eingebracht:
https://sitzungsdienst-altona.hamburg.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1012127
U.a. bedeuten die dort bereits beschlossenen Maßnahmen, dass die ohnehin schon verstärkte Polizeipräsenz im und rund um den Park noch weiter zunehmen soll, um der angeblich offenen Drogenszene Einhalt zu gebieten. Die Ini "Wohl und Übel" hat dazu schon sehr treffend öffentlich Stellung genommen.
Wie wir gerade erst erfahren haben, steckt hinter dem ganzen Schlamassel die Anwohnerinitiative "Lärm im Park“,
die wohl über äußerst gute Kontakte in den Bezirk Altona verfügt. Dadurch wurden hinter unser aller Rücken nicht nur Konflikte, die es im Stadtteil gibt, in die offizielle politische Arena getragen, sondern auch BILD-zeitungswürdige Schilderungen von Park Fiction etabliert und Tatsachen geschaffen. Von einem nachbarschaftlichen Ansatz, der auf gemeinsame Gespräche setzt und nach kollektiven Lösungsansätzen sucht, hat die Anwohnerinitiative anscheinend noch nichts gehört.
Wir als Park Fiction Komitee wollen den Antrag und die Beschlüsse natürlich nicht so hinnehmen und haben deshalb um eine Anhörung in der Bezirksversammlung Altona gebeten, wie ihr dem Text unten entnehmen könnt. Eine standardisierte Antwort in Form einer Einladung zur nächsten Sitzung haben wir bereits erhalten. Sobald wir wissen, wann diese stattfindet, werden wir Bescheid geben. Vielleicht haben ja ein paar von euch auch Lust sich dort direkt Gehör zu verschaffen…
Bis bald,
Ale vom Park Fiction Komitee
Sehr geehrte Mitglieder*innen der Bezirksversammlung Altona,
sehr geehrte Mitglieder*innen des Ausschuss für Grün, Naturschutz und Sport,
mit Besorgnis haben wir wahrgenommen, dass Sie unter der Überschrift „Brennpunkt Park Fiction – Sozial- und Ordnungspolitische Maßnahmen gegen Partylärm und offene Drogenszene“ im Dezember eine Reihe von Beschlüssen gefasst haben.
Wir schreiben Ihnen als Park Fiction Komitee, als Nachbar*innen und als Künstler*innen. Wir wohnen rund um den Park auf beiden Seiten der Bezirksgrenze. Wir haben uns ab 1995 für die Entstehung des Parks eingesetzt und das Kunstprojekt Park Fiction konzipiert, haben dieses ab 1997 im Auftrag der Stadt und unter der Federführung des Bezirks Altona umgesetzt, die Wunschproduktion in der Nachbarschaft organisiert und die Ideen der Beteiligten in Planung übersetzt - bis zur Realisierung.
Wir vertreten Park Fiction international auf Ausstellungen und auf Kongressen und entwickeln die damals bahnbrechenden Beteiligungsmethoden in anderen Projekten und der Lehre weiter. Wir sind Mitgründer*innen der Stadtteilversammlung „St. Pauli selber machen“ und des „Recht auf Stadt“-Netzwerks Hamburg. Wir organisieren Führungen und das Park Fiction Archiv und sämtliche virtuellen Auftritte des Projekts mit allein auf facebook 9000 followern.
Wir kümmern uns um ganz konkrete Aktionen und Diskussionen im Park ebenso wie um die künstlerische Integrität des kollektiven Werks Park Fiction. Wir schlichten Nutzungsstreits und verhandeln mit Obdachlosen. Wir schneiden Hecken in Wellen- und Pudelform, kümmern uns um Beete oder die Vergabe von Beeten. Wir organisieren P anzaktionen mit Nachbar*innen, in Kooperation mit den zuständigen Ämtern. Seit Jahren wehren wir kommerzielle Nutzungen des Parks ab und sind in dieser Sache kontinuierlich im Austausch mit den zuständigen Stellen. Das Park Fiction Komitee funktioniert als Scharnier zwischen Nachbar*innenschaft, Park und Behörden. Mit unseren bescheidenen Mitteln arbeiten wir daran, immer wieder Nachbar*innenschaft zu konstituieren.
Wir nehmen die zunehmende Popularität und die in warmen Sommernächten gestiegene Lautstärke ernst. Auch deshalb haben wir 2020 damit begonnen, Ideen für den vorgelagerten Uferstreifen zu sammeln, der weiter weg liegt von Wohnbebauung. Bereits im ersten Pandemie-Sommer haben wir Frischluft-Arbeitsstationen im Park aufgebaut und hunderte von Beiträgen aus der Nachbar*innenschaft gesammelt. 2021 haben wir diesen – komplett ehrenamtlich organisierten - und wahrscheinlich intensivsten Beteilgungsprozess der Pandemiezeit fortgeführt: Unter dem Titel „Public Happiness – Die Rückgewinnung des Öffentlichen“ organisierten wir öffentliche Veranstaltungen im Park, um spezifische Themen zu vertiefen. Z.B. durchstreiften wir das Gelände mit dem Umweltphilosophen der Prinzessinnengärten Berlin und suchten gemeinsam mit Nachbar*innen nach Möglichkeiten eines klimawandelgerechten Umbaus, oder wir diskutierten mit den Expert*innen von Sit ‚n‘ Skate und Skateboard e.V. über Rollstuhlbefahrbarkeit und inklusive Planung.
Ihr oben erwähnter Antrag/Beschluß erwähnt eingangs die Geschichte des Park Fiction als eine der „Aneignung“ und der „Partizipation“. Tatsächlich ist Park Fiction in erster Linie ein Planungs-Projekt, das ganz neue Maßstäbe für Beteiligungsprozesse gesetzt hat – und diese Methodik andernorts verfeinert und weiterentwickelt.
Dazu gehört, in einer offenen Wunschproduktion wirklich alle von einer Entscheidung Betroffenen einzubeziehen, allen eine Plattform zur Entwicklung ihrer Idee zu bieten, und aus dieser Vielstimmigkeit eine komplexe Programmatik zu entwickeln. Eine solche Planungskultur wäre nötig, um der Komplexität der aktuellen Herausforderungen am Hafenrand gerecht zu werden.
Ihre Beschlüsse fußen auf dem „Forderungskatalog“ einer „Anwohner*inneninitiative“, die bisher nicht öffentlich in Erscheinung getreten ist. Die Bezirksversammlung wurde einseitig aus nur einer Perspektive informiert:
Die Beschreibungen geben ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit wieder, sind in großen Teilen unrichtig. Die Ursachen für die Verdrängung einzelner Haschischdealer in den Park kommen genauso wenig zur Sprache, wie die Gründe für die gestiegene Beliebtheit des Parks bei Hamburger Jugendlichen an den wenigen warmen Wochenendnächten des Jahres. Die vorgeschlagenen Maßnahmen wirken konzeptionslos zusammengewürfelt. Sie greifen teils in das künstlerische Werkgefüge und tief in informelle Freiheiten, insbesondere von Jugendlichen ein. Sie sind ungeeignet, die benannten Probleme zu lösen.
Wir sind in vielerlei Hinsicht von Ihren Beschlüssen betroffen und möchten dazu zeitnah angehört werden.
Mit freundlichen Grüßen
das Park Fiction Komitee