Wir dokumentieren die heutige Mitteilung der Humanistischen Union Lübeck:
"Nun also auch wieder in Lübeck. Nachdem Lübeck bereits in den 90er Jahren durch zwei Brandanschläge auf die Synagoge und dem bis heute unaufgeklärten Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in der Hafenstraße, mit 10 Toten und 38 z.T. lebensgefährlich Verletzten zum Symbol antisemitischer und rassistischer Gewalt wurde, ist nun erneut ein Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft verübt worden. Nachdem seit den 90 Jahren rassistische Übergriffe auf einem hohen Niveau stagnierten, ist seit dem Erstarken anschlussfähiger rassistischer Organisationen und Bewegungen wie Teilen der AfD und PEGIDA ein erneuter Anstieg von Übergriffen zu beobachten.
Jede Woche werden drei Angriffe auf Asylbewerberheime gezählt. 2014 waren es laut bundesweiter Polizeistatistik 150 Angriffe auf Asylunterkünfte und pro Monat sechs Angriffe auf Flüchtlinge. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Die vor Gewalt Geflohenen erfahren wieder Gewalt und Ausgrenzung.
Auch 2014 forderte die Kommission des Europarates die Bundesregierung auf, entschlossener gegen Rassismus vorzugehen. Der Umgang mit diesen Themen in Deutschland bereite "Anlass zur Sorge", schreib die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) in ihrem Report und stellte u.a. fest, dass der Begriff Rassismus in Deutschland häufig zu eng ausgelegt und mit organisierten Gruppen verbunden wird. Der rassistische und besonders der fremdenfeindliche Charakter in Teilen der öffentlichen Debatte werde immer noch nicht ausreichend verdeutlicht. Deutlich wird dies auch an dem Brandanschlag auf eine bezugsbereite Unterkunft für Flüchtlinge in Escheburg bei Hamburg, der von einem Nachbarn ohne Bezug zur organisierten rechtsextremen Szene ausgeführt wurde. Auch in Lübeck hat die jüngste Debatte um die Erstaufnahmeeinrichtung (EA) für Flüchtlinge im Bornkamp offenen und verdeckten Rassismus sichtbar gemacht. Dieses gesellschaftliche Klima wird gefördert durch eine offizielle Politik, die in der für diese Woche geplanten Revision des Asylrechts die massenhafte Internierung von Flüchtlingen nach Einreise über sog. Drittstaaten vorsieht und damit Ausgrenzung vorexerziert.
Gefordert ist nun auch von den Entscheidungsträger_innen dieser Stadt, eindeutig zu signalisieren, dass Flüchtlinge in Lübeck willkommen sind. Dazu gehört auch, sich für die EA auszusprechen und sich für Wohnraum, Gesundheitsversorgung und Sprachkurse sowie für Jugendarbeit und antirassistische Präventionsangebote einzusetzen. Und wenn in diesem reichen Land wieder mit Verweis auf die städtischen Schulden die fehlende Finanzierbarkeit beschworen wird, müssen wir mit Blick auf einen leeren, subventionierten Flughafen feststellen, dass es eher der fehlende politische Wille ist, eine Willkommenskultur für Flüchtlinge in Lübeck zu etablieren.
Das vorhandene große bürgerschaftliche Engagement in den Stadtteilen gilt es zu unterstützen und auszubauen. Wir alle müssen wach sein für die tägliche, rassistische Gewalt.
Flüchtlinge müssen in dieser Stadt geschützt werden. Es darf keine Wiederholung der Anschläge der 90er Jahre in Lübeck und anderswo geben."