Deutschland im November 2012

Deutschland – you know about it?

Eine Großstadt in Deutschland: „Du gehörst hier nicht her!“ Das wird in einer Veranstaltung einer jungen Frau gesagt, die mit Akzent spricht und proud und honestly ihren Davidstern trägt. Seht die Zeichen. Wir sind im November des Jahres 2012. Ein Auto bedrängt das Fahrzeug der jungen Frau und zwingt sie zu halten. Der Freund der Frau verläßt seit Monaten die Wohnung nicht ohne Begleitung. Er trägt Schläfenlocken.

Der Mord an Burak Bektas in Berlin liegt genau 6 Monate zurück, ist nicht aufgeklärt und wohl der Vergessenheit anheim gegeben. Gleiches gilt für den Brandanschlag in Meldorf, ebenfalls vor 6 Monaten. Der Bremer Brandanschlag kurz darauf ist Episode, während in Rudow am Rand von Berlin eine Flüchtlingsunterkunft mit Hakenkreuz und einem gesprühten „Rostock ist überall“ gezeichnet wird. Parallel dazu tagt auf Einladung der örtlichen CDU eine Bürger_Innenversammlung mit 150 Menschen, als Einstimmung in den Chorgesang des Mobs um „Ausländer 'raus“ einzustudieren. Breiteste Unterstützung erhalten diese Menschen aus der Politik, die verdeutlicht: „Wir haben verstanden.“

Aus dem „Kapitalverhältnitnis“ stammt diese gesellschaftliche Situation im Gegensatz zur landläufigen und falschen Interpretation eines Satzes von Adorno nicht, auch wenn die Krise einen hervorragenden Katalysator des Ressentiments der Mobilisierung des Mobs darstellt. Eher aus der gewalttätigen Mobilisierung des Mobs aus privilegierten Untertanen, die die Markierten freigeben und freistellen zur Tötung.

Paradoxer Weise stellt die bloße Orientierung auf soziale Kämpfe nicht nur kein Gegenmittel bereit. Vielmehr, so sie nicht in einen klaren und unzweifelhaft antirassistischen, anti-antisemitischen und antifaschistischen Kontext gestellt ist, verstärkt sie ungewollt die Freisetzung des Mobs. Es scheint sehr dringend an diesen Zusammenhang zur erinnern, wo doch alles die Linke darauf zu drängen scheint ihre traditionellen Deutungs- und Handlungsmuster zu reanimieren. Selbst der progressivste und aufklärerischste Impuls ist in sein Gegenteil verkehrbar.

Das ist die Grunderkenntnis der Kritischen Theorien und auch deren eifrigste Verfechter_Innen bleiben der negativen Dialektik nicht immun. Ihnen widerfährt eine geschlossene Logik, als Beispiel mag eine immanente Hoffnung an die deutsche Polizei aus einem Artikel des letzten Transmitter gelten, während der weiteren Linken der wiederkehrende Impetus der unreflektierten „Mobilisierung“ zum letztlichen Bündnis mit der Reaktion gereicht. Prominente Hamburgensie: Norman Paechs Aufforderung an die Deutsche Marine gen Israel.

Auch solche Linke unterliegen der verflixten, eher alltäglichen Dialektik: Lebenslang Kommunist_Innenjägern als Nachfolgeinstitutionen in den deutschen Behörden gegenüber gestanden zu haben, sich letztlich politisch ausschließlich in ökonomistischen und staatlichen Herrschaftskategorien (Hauptwiderspruch) definiert und bewegt zu haben. Mit den darin sich reproduzierenden Feindbildmustern war und ist kein (!) Kampf um Freiheit zu gewinnen und auch nicht zu führen.

Deutschland im November 2012: Die eben genannten Kommunist_Innenjäger haben die Geheimdienste und Geheimpolizeien des postnationalsozialistischen Deutschland beherrscht und tun es weiter. Nazi Bundeswehr Soldaten werden mit Beförderung und Belobigung entlassen. Ämter versuchen sich über die Parlamente zu erheben, Aktentransporte zu stoppen. Akten wenigstens zu schwärzen, wenn es ihnen nicht gelungen ist sie zu schreddern. KuKluxKlan Verbindungen zur Polizei fliegen auf. Der VS sagt, er habe die Kontrolle über Nazi Strukturen (solange er V-Leute führen dürfe). Das glauben zu dürfen ist ein Ergebnis der bisherigen Erkenntnisse zum NSU.

Der verdienstvollen Veranstaltung des GOLEM am 14. Oktober verdanken wir die Frage von Patrick Gensing an Katharina König: „Sind nationalsozialistische Terrortaten vergleichbar dem NSU heute noch möglich?“ Die Antwort an dem Abend war: „Ja, flächendeckend im gesamten Deutschland“.

Deutschland im November 2012.

Hr.Home

(Aus dem November Transmitter vorab.)

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