FSK-Stellungnahme zum Entwurf des Fünften Medienänderungsstaatsvertrages Hamburg Schleswig-Holstein (5. MÄStV HSH)

I.
Das Freie Sender Kombinat als Freies Radio im Bereich der Medienanstalt Hamburg Schleswig-Holstein hat Interesse an einer landesweiten regionalen Struktur von nichtkommerziellen Lokalradios (NKL) auch in Schleswig-Holstein. In dem Entwurf des Fünften Medienänderungsstaatsvertrags HSH sehen wir dieses Interesse nicht hinreichend und auch nicht mit der notwendigen Nachhaltigkeit widergespiegelt. Wie Sie unserer ihnen vorliegenden Stellungnahme bereits im Jahre 2007 entnehmen können, definieren wir NKL als „vierte Säule“ der Rundfunklandschaft. Inhaltlich und organisatorisch sind NKL damit klar unterschieden sowohl von Offenen Kanälen (OK) und Ausbildungskanälen als auch von kommerziellen Anbietern. In ihrer Struktur stellen sie einen gesellschaftlichen Mikrokosmos dar und haben im Gegensatz zu Partikularinteressen Austausch, Differenz und Vervielfachung zum medialen Gegenstand als auch Inhalt. Die OK-Struktur ist von diesem Interesse nicht berührt. Kommerzielle Anbieter stehen im Gegensatz zum Auftrag der Vielfalt und der redaktionellen Qualität. Ausführlich ist dies im 2. Abschnitt (II. Die „vierte Säule“: Zur Berücksichtigung von nichtkommerziellem, hörerInnenfinanziertem Lokalradio) unserer Stellungnahme aus 2007 nachzulesen.

II.
Wir schlagen vor, im Abschnitt "Bürgerfunk" des Medienstaatsvertrag die bisherigen §§ 33 und 34 zu Einem zusammenzufassen und einen neuen § 34 zu entwerfen mit dem Titel "Nichtkommerzielles Lokalradio". Dieser enthält eine Definition gemäß der oben genannten Abgrenzungen und gilt grundsätzlich ohne örtliche und regionale Beschränkung für beide Bundesländer. In § 36 Abs. 2 des Medienstaatsvertrages muß es dann heißen, daß neben dem Hamburger Bürger- und Ausbildungskanal und dem Offenen Kanal Schleswig-Holstein auch NKL gleichrangig genannt sind. An dieser Stelle wäre zu berücksichtigen, daß es sich nunmehr um den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag § 5 Abs. 6 Satz 1 handelt.

Wir streben die landesweite und länderübergreifende Gültigkeit an. Unser Begehr gilt dem Erreichen langfristiger Flächendeckung als wechselseitige Beziehung von Sendenden/Hörenden, beginnend durch regionale Schwerpunktbildungen und dazu die Möglichkeit zur Gründung von Studios mit unmittelbarer Erreichbarkeit für die Bürger_Innen des Landes. Für Schleswig-Holstein stellt die Freie Radio Initiative (FRISH) das entsprechende Netzwerk dar. Sie kooperiert mit dem Freien Sender Kombinat Hamburg und dem Hamburger Lokalradio. Diese Kooperation ist dem Medienstaatsvertrag namentlich in §§ 34 und 55 hinzuzufügen. Einzelne Regionen von der Einrichtung von NKL auszuschließen halten wir für nicht verfassungsgemäß. Unter anderem verstöße dies gegen individuelle und kollektive Gleichbehandlungsgrundsätze.

III.
Vernetzung, Kooperation, Sendungskooperation und länderüberschreitende Ausstrahlung stellen die Voraussetzung einer durchgängig entwickelten „vierten Säule“ der Rundfunklandschaft beider Bundesländer (und darüber hinaus) dar. Deren Ausschluß, wie er im Entwurf durchscheint, weisen wir zurück. Zum einen ist die „vierte Säule“ ohne lokale Tiefenverankerung gar nicht vorstellbar, zum anderen ist deren längerfristige Programmentwicklung qualitativen Entwicklungen geschuldet, die wesentlich auf Austauschprozessen beruhen. Die Kompetenz des konkreten Regelungsrahmens, einschließlich der infrastrukturellen Finanzierung, sollte der Medienanstalt Hamburg Schleswig-Holstein zugeordnet werden. Das betrifft sowohl das Lizensierungsverfahren als auch Frequenzzuweisungen. Hier sind Grundsätze der gesellschaftlichen Meinungsbildung berührt, bei denen Staatsferne wie auch die Abgrenzung zu kommerziellen und verwertenden Interessen von substanzieller Bedeutung sind. Finanzierung auf Antrag unter der Bedingung der Zustimmung von Staats- und Senatskanzlei unterliegt immer der Gefahr elementarer Abhängigkeiten und steht somit im Widerspruch zum NKL-Charakter, zum Gebot medialer Unabhängigkeit insgesamt und damit auch zu vielen konkreten Bestimmungen, welche die Partei- und Staatsferne des Rundfunks regeln.

Wir schlagen vor, in § 55 ("Finanzierung besonderer Aufgaben") des Medienstaatsvertrages zu einer eigenen grundsätzlichen Finanzierungsregelung der NKL (diese definiert wie oben) über den Weg einer Übertragung dieser Aufgabe an die Medienanstalt Hamburg Schleswig-Holstein zu kommen. Dies gilt für die gleichberechtigte und gleichrangige Nennung im Vergleich zum Hamburger Bürger- und Ausbildungskanal und Offenen Kanal Schleswig-Holstein und auch hinsichtlich einer konkreten prozentualen Anteilsbezeichnug vom sich nach § 40 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrages ergebenden Rundfunkgebührenanteil in beiden Bundesländern.

IV.
Bis zur Verbschiedung des gültigen Medienstaatsvertrags lag es in der Entscheidung eines Rundfunkanbieters entweder allen oder keiner Partei Wahlwerbezeit zur Verfügung zu stellen. Nunmehr sollen nach § 13 Abs. 1 des Medienstaatsvertrag Rundfunkanbieter zur Ausstrahlung von Wahlwerbespots allen Parteien, und damit auch rechtsradikaler Propaganda, Sendezeit einräumen. Das stellt eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Rundfunkfreiheit dar. Ausführlicheres lesen sie dazu im 3. Abschnitt unserer oben genannten Stellungnahme aus dem Jahre 2007 (III. Besondere Sendezeiten, § 13 Abs. 1 RefE: Zum Umgang mit Wahlwerbesendungen durch Parteien).

Hier schlagen wir vor, zur Entscheidungsfreiheit der Rundfunkveranstalter zurückzukehren.

V.
Auch im weiteren Verfahren möchte das FSK gehört werden. Sinnvoll erscheint uns die Hinzuziehung medienjuristischer und gesellschaftlicher Expertisen, beispielsweise durch das Hans-Bredow-Institut. Das Freie Sender Kombinat plädiert, wie bereits im Jahre 2007, ausdrücklich für ein parlamentarisches Verfahren mit Anhörung der FRISH mit den örtlich organisierten Freien Radios. Freies Radio als Gesellschaftsfunk ensteht nicht hinter verschlossenen Türen; es wird die Luft auch des Bundeslandes zwischen den Meeren atmen.

Hamburg, 16.06.2014

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