Soweit zum derzeitigen Sachstand FSK. (Protokoll der öffentlichen Sitzung des Innenausschusses Sitzungsdatum: 07. Januar)

#floragate (ohne Kommentar)

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"Auf der Basis der so erlangten weiteren Informationen können die Darstellungen aus der Sitzung des Innenausschusses vom 9. Dezember 2014 wie folgt ergänzt werden:

Zur Thematik „Freies Senderkombinat“ (FSK)

Der genaue Zeitraum und Umfang der Tätigkeit der Beamtin im FSK lässt sich weder auf der Grundlage von Dokumenten noch durch Informationen aus der Mitarbeiterbefragung sicher rekonstruieren.

Es ist im Ergebnis der Mitarbeiterbefragung davon auszugehen, dass die Beamtin im Laufe des Jahres 2003 durch eine Bauwagenplatzbewohnerin angesprochen wurde und so zur Sendung „Female Machos“ des FSK kam.

Wie bereits in der Sitzung des Innenausschusses am 9. Dezember 2014 dargestellt, war die Beamtin in der Folge an zwei Sendereihen beteiligt. Dabei handelte es sich um die Monatssendung „Female Machos“, später „RehwollteRadio“, und um das
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„Nachmittagsmagazin für subversive Unternehmungen“, das dreimal wöchentlich gesendet wurde.

Das sind alles immer die Angaben aus den mündlichen Darstellungen. Also, ich kann nicht sagen, ob es wirklich so war, wie mit dem dreimal wöchentlich, aber das ist das, was gesagt wurde.

Im Rahmen des „Nachmittagsmagazins für subversive Unternehmungen“ hat sie genau wie andere Mitglieder dieser Gruppe einige Male live von Demonstrationen als sogenannte
Demoberichterstatterin berichtet. Im Internet finden sich hier Hinweise zur Live-Berichterstattungen im Zusammenhang mit der Veranstaltung „Einmal im Leben pünktlich sein“ im Jahr 2004 und der Räumung des Bauwagenplatzes „Wendebecken“ auch in 2004.

Die Beamtin selbst kann sich jetzt nicht genau erinnern, ob sie bei diesen Veranstaltungen Live-Berichterstattungen gemacht hat.

Die Beamtin hat nach eigenen Angaben zu diesen Sendungen eigene Beiträge, zum Beispiel Interviews, für die sie die Fragen selbst verfasste, oder auf Veranstaltungen aufgenommene Mitschnitte gefertigt und gesendet. Texte, die von anderen verfasst oder beigetragen wurden, hat sie über den Sender verlesen oder anmoderiert. Von ihr besuchte Sendevorbereitungstreffen zu den beiden oben genannten Sendungen fanden in den Räumen des FSK am Schulterblatt oder außerhalb des Senders, zum Beispiel in einem Café statt. Die Beamtin schildert die Treffen als von ihrer Erinnerung her sehr locker, gerade zur Sendung „Rehwollte“ auch teilweise in Abständen von zwei bis drei Monaten. Teilweise reichten wohl auch telefonische Absprachen, wie es bei der häufigen Nutzung fertiger, von anderen Teilnehmern produzierter Beiträge – sogenannter Konserven – der Fall gewesen sei. Bei Treffen zur Sendevorbereitung für das „Nachmittagsmagazin für subversive
Unternehmungen“ hatte die Beamtin nach ihren Darstellungen nur einen begrenzten gestalterischen Einfluss, da es für diese Sendung einen Verantwortlichen gab, der die Beiträge im Wesentlichen gestaltete beziehungsweise auswählte und sie auch sendete. Die Beamtin wie die befragten Vorgesetzten haben erklärt, dass es jeweils auch keinerlei Vorgaben der Dienststelle gab, in irgendeiner Weise inhaltlich einzuwirken.

Die Beamtin hat mitgeteilt, sie habe versucht, möglichst wenig eigene inhaltliche Beiträge zu gestalten und an Vorabtreffen für Sendungen teilzunehmen. Die Beamtin hat erklärt, nach ihrer Erinnerung auch keine fremden Beiträge kommentiert oder auf andere Entscheidungen bewusst und gewollt Einfluss genommen zu haben. Dies sei nach ihrer Einschätzung nach dem Verständnis der linken Zusammenhänge auch absolut unüblich gewesen, insofern wäre ein solches Verhalten auch konfliktträchtig und damit wohl auch zu erinnern gewesen. Ausdrücklich hat die Beamtin betont, keinen Einfluss auf die Festlegung des Programms, die Vergabe von Sendezeit oder von Sendeplätzen genommen zu haben.

Die Beamtin ist, soweit sich dies heute noch aus den Erinnerungen der Beteiligten nachvollziehen lässt, über ein Mitleben, nenne ich es jetzt einmal, in der Szene, auch in
feministischen/queeren Themen, zum FSK gekommen. Es hat nach den Einlassungen der Beamtin wie der Vorgesetzten keinen Auftrag gegeben, sich in den Bereich des FSK hineinzubegeben. Es hat aber auch, das ist ′mal ebenso festzustellen, auch eben keinen Auftrag gegeben, sich aus dem Bereich des FSK wieder zurückzuziehen. Die Dienststelle hat nach den heutigen Feststellungen die Fortsetzung des Mitwirkens im FSK unter dem
Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung und Absicherung ihrer Legende als mit dem Auftrag als Beobachterin für Lageaufklärung vereinbar angesehen. Es gibt ausgehend von den Äußerungen der Beteiligten keine Hinweise darauf, dass der Sender selbst seine
Mitwirkenden oder die Inhalte des Senders eigenständiges Zielobjekt eines Aufklärungsauftrages waren. Die Beamtin wie die Vorgesetzten haben dies im Rahmen der
Befragungen ausdrücklich versichert.
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Insofern wurde, soweit dies aus den geschilderten Erinnerungen nachvollziehbar ist, besonderer Wert darauf gelegt, dass der Grundsatz, keine personenbezogenen Informationen aus dieser Tätigkeit weiterzugeben, beachtet wurde. Es wurden auch beim LfV
keine Berichte aufgefunden, die erkennen ließen, dass hier speziell Erkenntnisse aus der Mitwirkung bei FSK weitergegeben wurden. Auch wurde nach Erinnerung der Beamtin wie der Vorgesetzten Wert auf eine sehr zurückhaltende Mitwirkung gelegt.

Ein Bezug zu den in ihrer VE-Tätigkeit zugrunde liegenden Strafverfahren bestand nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht. Auch die Bundesregierung hat ja in der Antwort auf die
gestellten Fragen der Bundestagsabgeordneten deutlich gemacht, dass im Rahmen der Ermittlungsverfahren durch das BKA keine Aufträge zur Erkenntnisgewinnung im FSK ergangen sind und entsprechende Erkenntnisse auch dort nicht bekannt sind.

Nach den Darstellungen informierte die Beamtin ihre Vorgesetzten jeweils über den Verlauf ihrer Einsätze und in diesem Rahmen berichtete sie auch über ihre jeweilige Mitwirkung im FSK. Nach Informationen aus der Mitarbeiterbefragung waren die Aktivitäten der Beamtin immer eine Reaktion auf Anliegen gewesen, die das FSK an sie herangetragen hat. Ob diesen Anliegen entsprochen werden konnte, habe die Beamtin zuvor mit ihren VE-Führern erörtert. Für die Aktivitäten im Zusammenhang mit dem FSK galt nach diesen Darstellungen der Grundsatz – ich habe das oben schon gesagt – der Zurückhaltung.

Es ist nach dem heutigen Stand davon auszugehen, dass die Beamtin Informationen aus der Mitwirkung beim FSK erlangt hat. Es ist ungeachtet der Frage von Berichten davon auszugehen, dass diese Informationen auch Eingang in die polizeiliche Lagebeurteilung bevorstehender Ereignisse gefunden haben. Hierbei soll es sich um Informationen ohne Personenbezug, wie zum Beispiel Informationen zu anstehenden Demonstrationen oder
anderen Veranstaltungen, gehandelt haben. Zu den Radiobeiträgen aus Demonstrationen gab es nach den Befragungen im Vorwege keine einsatztaktischen Absprachen mit oder Anweisungen von ihren Vorgesetzten. So hatte diese Berichterstattung auch nicht den Zweck, polizeiliche Maßnahmen zu koordinieren. Welche Schlüsse die Polizei aus den erlangten Informationen zur Lagebeurteilung gezogen hat und wie sie mit diesen Hinweisen
umgegangen ist, kann heute nicht mehr nachvollzogen werden.

Im Rahmen ihrer Tätigkeit hatte die Beamtin Kontakt zu anderen im Zusammenhang mit FSK-tätigen Personen und damit möglicherweise auch zu Berufsgeheimnisträgern im Sinne des Paragrafen 53 StPO. Auch diese waren aber zu keiner Zeit Ziel ihrer Informationsbeschaffung. Persönliche Kontakte zu anderen Sendern, Zeitungsredaktionen oder Ähnlichem bestanden nach den vorliegenden Informationen nicht.

Hinsichtlich des Strafverfahrens gegen den Rundfunksender FSK wegen der Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes zum Nachteil eines Polizeipressesprechers und der in diesem Zusammenhang durchgeführten Durchsuchung am 25. November 2003 ist zu konstatieren, dass eine irgendwie gestaltete Beteiligung der Beamtin nicht feststellbar ist. Weder die Sichtung der noch vorhandenen Beschwerdeakte noch die Mitarbeiterbefragung haben einen konkreten Hinweis auf eine solche Beteiligung ergeben. Die Beamtin selbst schließt ihre Beteiligung hieran sicher aus. Dennoch wurden zur abschließenden Klärung dieser Frage die Staatsanwaltschaft Hamburg und die in den damaligen Einsatz der Beamtin involvierten auswärtigen Behörden schriftlich um Auskunft gebeten, um auch zu klären, ob dort irgendwelche entgegenstehende Erkenntnisse vorliegen.

Nach heutigem Kenntnisstand lässt sich zusammenfassend sagen, dass das LKA die Beamtin in ihrer Eigenschaft als BfL auch im Bereich des FSK eingesetzt hat. Sie merken, dass sich das etwas unterscheidet von der letzten Aussage. Das FSK oder die in diesem Zusammenhang handelnden Personen waren hierbei allerdings nach den Auskünften der Beteiligten nicht das Ziel der polizeilichen Informationsbeschaffung. Die Aktivitäten der Beamtin im Zusammenhang mit dem FSK wurden scheinbar vorrangig als sinnvoll zur
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Aufrechterhaltung und Absicherung ihrer Legende eingeordnet. Die in diesem Rahmen durch die Beamtin aber mit gewonnenen Informationen flossen gleichwohl wohl wenigstens indirekt mit in die polizeiliche Lagebeurteilung ein. In welcher Form, lässt sich heute nicht mehr klar sagen. Eine Verwendung personenbezogener Daten in Lage- oder sonstigen Berichten soll
nicht erfolgt sein und wir haben auch keine entsprechenden Unterlagen dazu gefunden. Nach den Auskünften der Beteiligten wurde hierauf auch im Zusammenhang mit FSK strikt geachtet. Auch wurde hiernach besonderer Wert darauf gelegt, die Mitwirkung zurückhaltend zu gestalten.
Inwieweit die Notwendigkeit einer besonderen Verhältnismäßigkeitsprüfung auch für den Fall, dass ein Radiosender zwar nicht Zielobjekt, aber eben betroffenes Objekt war, erkannt wurde, ist heute nicht mehr feststellbar. Ein Zusammenhang zwischen dem Einsatz der Beamtin und dem Strafverfahren gegen das FSK in 2003 ist gegenwärtig nicht zu erkennen.

Zu den Aktivitäten der Beamtin in Zusammenhang mit dem FSK wurde die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die in einem Schreiben mitteilte, dass ihr detaillierte Angaben zur Mitarbeit der Beamtin im FSK vorliegen, um entsprechende Auskunft gebeten. Die Antwort auf dieses Auskunftsersuchen steht noch aus.

Ungeachtet solcher möglicherweise noch zu erhaltender Informationen ist schon heute festzustellen, dass insbesondere Themen des Quellenschutzes, des Schutzes des Redaktionsgeheimnisses oder auch Fragen der indirekten Wirkung einer Mitwirkung in der geschilderten Form bereits jetzt kritisch zu betrachten sind. Die bisher vorliegenden
Informationen lassen nicht erkennen, dass sich die Beteiligten der Wirkung des Schutzbereiches der Rundfunkfreiheit damals hinreichend bewusst waren. Worauf das konkret zurückzuführen ist, wird heute wohl schwer aufklärbar sein. Die Einlassungen der Beteiligten lassen darauf schließen, dass man sich einerseits bewusst zu sein schien, dass FSK schon ein besonderer Bereich war, in dem man tätig war, andererseits aber wohl meinte, die Restriktionen aus einem solchen Bereich seien ausreichend beachtet, wenn man sich nicht zu offensiv einbringt und die Verwendung personenbezogener Daten vermeidet. Ob hier von außen kommende Erkenntnisse, also insbesondere aus dem Bereich ver.di, den Sachverhalt noch detaillierter klären können, wird abzuwarten sein. Aus der heutigen Sicht ist natürlich mindestens mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010 zur Durchsuchung des FSK deutlich, dass die damalige Sicht dem Schutzbereich nicht gerecht werden kann."
... (kursiv Stellungen durch uns vorgenommen)
Der volle Wortlaut des Protokolls unter https://twitter.com/GAL_AntjesBuero

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